Endlich, die neue Episode aus dem Tourleben der Band „The Sparkles“ und ihrer Crew ist raus!
Wer kennt sie nicht: Die Anekdoten aus der Veranstaltungsbranche. Hier tragen wir diese Kuriositäten zusammen. Der Unterschied besteht darin, dass unsere fiktive Band „The Sparkles“ und ihre fiktive Crew all das erleben. Nach und nach lernt ihr hier alle Persönlichkeiten kennen. Mal witzig, mal traurig, mal kritisch, wie im richtigen Leben auf der Straße!
Weiter geht’s…
Episode 3 – Sunny Side Down
„Hier ist es“, sagte Mike Kaminski, der Tourbegleiter der „Sparkles“. Elegant lenkte er den Van in die Einfahrt zur Ladezone der ÖVP-Arena in Bremen. Unsere sympathische Pop-Band hatte die Ehre, die Finalisten einer bekannten Castingshow musikalisch zu begleiten. Heute sollte die Crew sich technisch einrichten, bevor es an den Probenmarathon ging. Entsprechend der Ausschreibungskonzeption hatten die Veranstaltungstechniker sämtliche Aufbauarbeiten planmäßig abgeschlossen.
„Willkommen bei Fame Factory“, begrüßte Martin Raberg die Truppe. „Ich bringe euch ins Catering. Wollt sicher Kaffee. Euer Trucker mit der Backline ist schon da.“
Martin saß als Toningenieur der Produktion verantwortlich im Ü-Wagen.
„Der Monitorplatz ist ein bissel blöd hinter der Bühne. Aber du bekommst einen zweiten Vorschauer“, versprach er Lenny, der den Bühnensound der „Sparkles“ mischte.
In dem großen Cateringbereich standen Dutzende Biergarnituren. An diesen verstreut saßen Leute mit Pappbechern und Plastiktellern für ihre belegten Brötchen. Nur einer hatte eine Tasse aus Porzellan in der Hand.
„Na, ihr Säcke. Auch hier?“
Martin sah aus der Wäsche, als könne und wolle er Jupp, dem Trucker, seine Frage nicht beantworten.
„Na, ich lass euch malin Ruhe ankommen. Wir sehen uns nachher zur Vorbesprechung“, verabschiedete Martin sich hektisch.
Lennart, Mike, Jonas und Rolf versorgten sich mit Kaffee und setzten sich zu Jupp an den Tisch. „Und, wie ist das Catering?“, fragte Rolf. Mike, der einen Tag früher angereist war, antwortete: „Ich habe schon schlechter gegessen. Das war aber auch hier.“
Alle lachten und Jonas stieß dabei gegen eine Wasserflasche. Diese kegelte sämtliche PET Wegwerfflaschen vom Tisch.
„Scheiß Plastikmüll!“, schimpfte Jupp und trank aus seiner Porzellantasse.
„Das wird noch lustig, wenn die feinen Künstler morgen kommen. Äh, was haben wir? Eine Vegetarierin. Einmal Glutenunverträglichkeit, einen im Abnehmwahn, und dem Saxophonisten schmeckt sowieso nichts.“
„Was ist mit Jitter und Glitch?“, fragte Lennart.
„Die essen alles“, unterstellte Rolf den beiden jungen Bühnentechniker|innen.
„Das meine ich nicht. Wo stecken die beiden?“
„Die hängen hier irgendworum und starren auf ihre Displays, glaube ich“, sagte Jupp.
„Gestern Abend kam einer der Köche zu mir und sagte: „Nimm nicht den Fisch. Es gab dann wirklichnur Schnitzel und Fisch. Mit Pommes“, berichtete Mike.
„Dann gibt es bestimmtheute Geschnetzeltes mit Reis“, vermutete Jonas. „Hast du den Fisch genommen?“
„Bist du verrückt? Clubsandwich im Hotel! Die Band reist übrigens heuteschonan. Die werden sich über das Geschnetzelte freuen. Ab heute ´gilt auch: keine Getränke und kein Essen in der Halle. Strictly! Weil weißeDeko“, sagte Mike.
Rolf stand auf. „Ich gehemalin die Halle und schaue mir das an. Bis gleich.“
„Finde ich gut, dass sie ihn ans Pult lassen“, meinte Jonas, als Rolf gegangen war.
„Doppelschnapp! Er kennt Gerd Berg, den Lichtdesigner. Die haben schon viel gemacht zusammen.“
Mike lachte. „Gerd? Den haben sie heute Morgen mit seinem Kaffeebecher aus der Halle geworfen. Wie gesagt: Keine Drinks im Set. Der Regisseur persönlich hat ihn weggeschickt und meinte: Ich will proben. Ich brauche keinen Designer!“
Als Rolf die Halle betrat, bogen gerade Sophia und Kai um die Ecke.
„Hey, ihr zwei. Was geht?“, begrüßte er die Bühnencrew.
„Wir haben schon mal die Kisten zur Bühne geschoben“, sagte Kai.
„Noch eine halbe Stunde Stellproben auf der Bühne, dann gehen wir rauf“, sagte Sophia.
„Sämtliche Kisten standen voll mit leeren Plastikflaschen“, beschwerte sich Kai.
„Und teilweise vollen Pappbechern“, ergänzte Sophia.
„Jo. Mist. Tut mir leid. Was ist das?“, fragte Rolf und deutete auf die Transportkiste, die sie vor sich herschoben.
„Die FOH-Transe“, sagte Kai.
„Wozu? Hier steht doch ein Pult. Was ist denn da drin?“
Abwechselnd antworteten Sophia und Kai:
„Laptop. “
„MacBook. “
„Ableton. “
„Abhöre. “
„Talkback und Shoutbox. “
„Intercom.“
„13-Zöller.“
„Schuko und NF-Kirmes.“
„Teppich und Pultdeko.
Rolf nickte und sagte: „Klar, den Teppich braucht er. Cool.“
„Wir bauen alles nach hinten“, sagte Sophia.
„Auf der Bühne steht nur ein weißer Flügel, weiße Keyboards, weißes Drumset.“
„Und ein Schwung weiße Wedges“, sagte Kai.
„Schön fürs Licht. Sprecht ihr euch eigentlich vorher ab, wer wann was sagt?“, fragte Rolf und grinste.
Das Einrichten der Bandtechnik nach Vorgaben des Bühnenkonzepts bereitete keine Probleme und soerreichte man das Tagesziel kurz vor dem Abendessen. Gemeinsam mit den Künstlern, die bis dahin eingetroffen waren, betrat die Crew der Sparkles den Cateringbereich. Es dauerte keine zwanzig Minuten, bis die ersten Fragen mit Konfliktpotential aufpoppten.
Larissa baute sich mit hochrotem Kopf vor Mike auf: „Es gibt kein veganes Gericht! Noch nicht einmal vegetarisch. Man hat mir als beste Alternative Hühnchen mit Reis angeboten. Und dann fragte die Dame: „Was essen solche Menschen denn? Hallo? Kann sich bitte die Künstlerbetreuung darum kümmern?““
„Ok, ich kläre das mit dem veganen Catering.“
Nach fünf Minuten wandte Mike sich an Larissa: „Ich habe das geklärt mit dem veganen Catering.“
„Super. Danke. Und?“
„Es gibt keins. Heute zumindest.“
Larissa ging kopfschüttelnd zu Salatbuffet. Als ihr Sophia und Kai mit ihren völlig überladenen Tellern entgegenkamen, ging sie deutlich schneller.
Max, der Gitarrist der Band, setzte sich an den Tisch der Crew. Er stellte zuvor einen Pappteller ab, der gänzlich mit Bratkartoffeln – es gab nochmal Schnitzel – gefüllt war. Sonst nichts. Er schimpfte: „Eine belgische Cateringfirma, die keine Majo hat!“
Er blickte zornig auf das runde Tablett, das mit verschiedenen Soßen und Ketchup in Flaschen befüllt war. Zahlreiche Hände hatten sich schon ausgestreckt, sind aber zögernd zurückgezogen worden angesichts der verklebten Verschlüsse an den Flaschen.
„Sag mal, Max, wer ist denn alles nominiert für den „Kohlenhydrat 2018?“
Max konterte: „Bist du nicht „Leatherman 2017“ geworden?“
„Was ist eigentlich mit deiner Diät?“, sagte Mike.
„Alter, hör auf deinen Körper, auch wenn er seine Meinung ändert.“
„Essen wie Tiere“, sagte Larissa, als sie sich setzte. Dabei schielte sie auf Kai, der gerade mit einem Nachschlag zurückkehrte. Larissa hatte ihr Pappschälchen mit Tomaten, Gurkenscheiben, Radieschen und Karotten gefüllt. Kein Dressing. Sie streckte die Hand nach der Sojasoße aus, zog sie aber zurück.
„Ich habe mal bei der Küche nachgefragt, ob die mir zumindest ein Spiegelei machen können. Sunny Side Down. Das müssen die doch hinbekommen?“
Peter, der Saxophonist stand plötzlich auf und räusperte sich. Als Ruhe am Tisch eingekehrt war, sagte er: „Leute. Nur mal so: Auch wenn es hier beschissen schmeckt. Ich freue mich, nach so einer langen Zeit auf Tour heute mit euch hier zu sein. Leute! Wir sind beim Fernsehen!“
Sophia und Kai klatschten kurz. Ein paar murmelten irgendetwas Zustimmendes.
Max schob seinen Pappteller beiseite und sagte: „Jo, Peter. Ich freue mich auch auf die Proben. Endlich wieder etwas von Robby Williams spielen.“
Peter setzte sich wieder.
In diesem Moment tauchte ein Küchenhelfer vor ihnen auf. In der Hand hielt er einen Pappteller mit zwei völlig konventionellen Spiegeleiern.
„Spiegeleier für Sunny?“, fragte er in die Runde.
„Geil, wir sind beim Fernsehen“, lachte Jupp.
Fortsetzung folgt…
Text: Tom Fuhrmann – tomfuhrmann blog
Illustration: Friederike Lenz – www.friederikelenz.de