Wer kennt sie nicht: Die Anekdoten und Geschichten aus der Veranstaltungsbranche.
An dieser Stelle tragen wir diese wirklich geschehenen Kuriositäten zusammen. Der Unterschied besteht darin, dass unsere fiktive Band „The Sparkles“ mit ihrer fiktiven Crew all diese Episoden erlebt. Nach und nach werdet ihr an dieser Stelle alle Künstler und Crewmitglieder kennenlernen.
Here we go…
Episode 1 – Get in/ Get out
Die Luft dröhnte vom Geräusch eines lauten Dieselmotors. Timo stand rauchend vor der Emslandarena und beobachtete den schwarzen Sattelschlepper, wie er rückwärts im Loading Dock ansetzte. In auffälligen gold-blauen Lettern stand auf dem Trailer „The Sparkles-No Regrets Tour 2018“.
Kurz vor dem Rolltor hielt der Truck, der Motor wurde ausgemacht. Timo, als Stagehand gebucht, drückte seine Zigarette aus. Er nickte dem Trucker freundlich zu.
„Moin, moin. Ich bin der Jupp. Sonst noch keiner da?“, beantwortete dieser die nette Geste mit bassiger Stimme. „Timo“, sagte der Helfer und hielt ihm die Tür auf. Jupp konnte man eine imposante Erscheinung nennen. Über zwei Meter, gepflegter dunkler Vollbart, sein kurzes Haupthaar grau meliert. Die Volbeat-Tourjacke in XXL wurde von seinem kräftigen Oberkörper mit seinen breiten Schultern stramm ausgefüllt.
„Catering?“, fragte Jupp. Timo nickte. „Wer ist heute hier? Günter? Erich? Oder Lisa? Noch kein Techniker da?“ Timo schüttelte den Kopf. Zwei andere Stagehands, die in der Halle herumgelungert hatten, gerieten langsam in Bewegung und starrten dabei durch das Fenster auf den Trailer der „Sparkles“, als würde dort ein Brontosaurus grasen.
Jupp stemmte die Arme in die Hüften. „Nur drei Helfer? Der Tourblock fängt ja gut an. Egal. Ich brauch jetzt Kaffee.“ Auf dem Weg ins Catering wählte Jupp die Nummer des Tourmanagers auf seinem Handy. „Scheisse. Mailbox!“, dachte er und versuchte es abwechselnd mit dem Toningenieur Roger und Farid, dem Merchandizer. Erfolglos. Entweder klingelte es nur, oder er hatte sofort die Mailbox dran.
Jupp betrat den Cateringraum. „Oh, was ist das denn. Eine neue Kaffeemaschine. Wolle, was ist los?“, rief er. Eine junge Frau bog als Antwort um die Ecke. Jupp wählte an dem Vollautomaten einen Cappuccino aus. „Hey, wer bist du denn?“, wollte die junge Frau wissen. „Oha. Darf ich mich vorstellen? Ich bin der Johann. Aber nenn mich Jupp. Wo ist denn der Wolle? Krank?“ „Wolle? Keine Ahnung.“ „Heute ist aber auch ein verrückter Tag. Ich bringe dir die Tasse gleich wieder. Du findest mich im Loading Dock!“
Inzwischen warteten nun sechs Helfer in der Ladezone. Das Rolltor war oben und die meisten standen draußen und rauchten. Wortlos ging Jupp zu seinem Truck und öffnete die Klappen. „Rampe!“, brüllte er. Sofort zerrten vier Helfer die schwere Rampe aus dem Trailer und legten sie an.
Jupp stellte sich vor die Helfercrew. „Tut mir leid Jungs, aber anscheinend haben die Herren Techniker verpennt. Aber das ist kein Problem. Das kriegen wir hin.“ Er gestikulierte dabei ausladend mit dem Zeigefinger. „Die Kisten, die rot markiert sind gehen nach Stage Left. Die Kisten, die blau markiert sind, gehen nach Stage Right. Die Kisten, die Gelb markiert sind, gehen auf die Bühne. Gelb mit Blau nach links…“
Jupp merkte, dass er das Niveau seiner Anweisungen an die Möglichkeiten seiner Zuhörer anpassen musste. „Ach egal! Macht erstmal die Karre leer. Ich bin der Jupp. Aber ihr könnt mich Papa nennen. Auf gehts!“
Wie in Zeitlupe setzten sich die Helfer in Bewegung. Nun sprach ein älterer Herr mit langen weißen Haaren Jupp an: „Äh, entschuldige. Ich bin der Benedikt. Ich bin der Veranstalter.“ „Ah sehr schön. Wieso haben wir nur sechs Helfer? Hä? Hä? Wo sind denn Erich oder Günter?“ „Keine Ahnung. Es sind nur sechs Leute bestellt. Auch erst um 10:00 Uhr. Also in 15 Minuten.“
Allmählich rollten die Kisten aus dem Truck und Jupp schnappte sich Timo, um grob vorzusortieren. „Verdammt. Was ist mit den Herren Technikern los?“, ärgerte sich Jupp und wählte alle Nummern der Crew durch.
Etwa ein Drittel der Packung des sportlich geladenen Trailers stand bereits auf Rollen. Da bemerkte Jupp die zahlreichen Konzertplakate in der Halle.
Sämtliche Plakate der „ Sparkles“ trugen das morgige Datum. Jupp fiel schlagartig die Farbe aus dem Gesicht.
„Hör mal, wieso steht denn da bitte überall „Sparkles“ auf euren Kisten? Seid ihr nicht von „Santiano“?“, fragte Benedikt im selben Moment.
„Halt! Sofort aufhören!“, rief Jupp. „Stopp!“
Alle Blicke richteten sich auf ihn. „Was denn?“, schnauzte Timo, der inzwischen als Einziger eine Art Beziehung zu Jupp aufgebaut hatte.
„Männer. Ihr werdet jetzt furchtbar lachen. Aber ich bin einen Tag zu früh. Der Mist muss wieder rein in den Truck. Aber keine Sorge: Gleich kommt der Truck von Santiano. Der macht auch Spaß!“
Text: Tom Fuhrmann – tomfuhrmann blog
Illustration: Friederike Lenz – www.friederikelenz.de